Digital Leadership in Zeiten von Corona
Hintergründe in Veränderungsprozessen

Veränderungen sind heute zum dauerhaften Begleiter und oft sogar zum aktiven Treiber im Wirtschaftsleben geworden. Ein Schlüssel für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit wird daher vermutlich zunehmend in der Schaffung und Entfaltung einer kontinuierlichen Wandlungs- und Lernfähigkeit auf der individuellen und organisationalen Ebene liegen. Die Evaluation der Corona-bedingten Veränderungsprozesse wird dazu mit Sicherheit spannende Ergebnisse liefern.
Nicht jeder veränderter Prozess oder arbeitsorganisatorischer Aspekt wird darüber hinaus Bestand haben. Andere Aspekte werden in Zukunft unsere Arbeit weiterhin bestimmen und als positiv erlebt werden. Umso wichtiger ist es diese nun geschehenden Veränderungsprozesse achtsam zu betrachten und schon jetzt als Führungskraft Ableitungen zu treffen bzw. sich selbst dazu eine Haltung zu erarbeiten.
Bei intensiver Betrachtung der Thematik fällt auf, dass die Gestaltung von Veränderungsprozessen lange Zeit fast ausschließlich Ökonomen und Marktstrategen vorbehalten war. Aufgrund der hohen Misserfolgsquoten jedoch hat sich das Forschungsinteresse schließlich zunehmend auf die so genannten „weichen“ Faktoren, die involvierten Personen und deren Rolle im Veränderungsprozess, ausgedehnt. Dass der Mensch innerhalb eines Veränderungsprozesses tatsächlich ein entscheidender Stellhebel ist, beweisen nunmehr bereits eine Reihe von Untersuchungen zu Erfolgsfaktoren und Barrieren in Veränderungsprozessen. Maßgeblich erscheint es dabei zu erreichen, dass eine Veränderung von den betroffenen Personen nicht nur als Gefährdung wahrgenommen wird, sondern dass die Menschen Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln, die Veränderung zu bewältigen. Die Betroffenen müssen unterstützt werden, ihre Aufmerksamkeit anderen, positiven Aspekten zuzuwenden, wie beispielsweise der Nutzbarkeit der Veränderung für eigene Interessen oder der Prüfung von neuen Chancen.
Das Modell der 12 Erfolgsfaktoren in Change Prozessen
Im Folgenden wollen wir auf einige im Modell von Frey und Gerkhardt genannten Aspekte eingehen und dafür sensibilisieren, dass unterschiedliche Veränderungsprozesse im Zuge der Corona Zeit nun begonnen haben oder bevorstehen werden. Die große Herausforderung besteht darin, dies nun zu erkennen und die motivierenden und wertschätzenden Aspekte der Führungsrolle ggf. nun aus der Distanz genauso auszufüllen wie bisher.
- Vision und Ziele definieren
Eine Vision als „Bild der Zukunft“ schafft Klärung und gibt im Sinne eines Soll-Zustandes die Richtung vor, in die die Veränderung führen soll. Die Vision muss einfach zu kommunizieren und ein Appell an die Stakeholder, Mitarbeiter und Kunden sein. Um Anstrengung und Ausdauer hinsichtlich der Erreichung des Zielbildes möglichst positiv zu beeinflussen, sollten die enthaltenen Ziele einerseits eine Herausforderung für alle Beteiligten darstellen und andererseits einen konkreten Soll-Wert definieren. Neben der Spezifität der Ziele ist es entscheidend, die Ziele hinsichtlich der anstehenden Änderung positiv zu belegen, sodass die Betroffenen motiviert und interessiert sind, die Vision zu unterstützen beziehungsweise zu leben. Diese Aufgabe steht im Sinne der Corona bedingten Veränderungen besonders im Mittelpunkt.
- Kommunikation
Begonnen bei der klaren Kommunikation der Ziele bzw. der Vision ist der regelmäßige und interaktive Austausch im Veränderungsprozess unabdingbar. Wichtig ist, zeitnah, auf breiter Ebene, offen, klar und lebendig zu kommunizieren. Zeitnah heißt, dass die Kommunikation so früh wie möglich stattfinden sollte, um so möglichen Gerüchten und Unsicherheiten vorzubeugen. Auf breiter Ebene bedeutet, dass alle betroffenen Zielgruppen in die Kommunikation eingeschlossen werden müssen. Offen heißt dabei, dass zu einer fairen Kommunikation auch die wahrheitsgetreue Vermittlung schlechter Nachrichten zählt. Klar kommunizieren bedeutet, die Sprache der Betroffenen zu wählen, um so auf einer Augenhöhe miteinander zu sprechen und Vertrauen zu schaffen. Dabei zeigt sich, dass neben der Schaffung von Vertrauen durch Kommunikation letztlich auch die Offenheit gegenüber Veränderungen positiv beeinflusst werden kann. Für eine lebendige und umfassende Kommunikation sollten schließlich alle vorhandenen Kommunikationskanäle genutzt werden, wobei sich in der Praxis häufig zeigt, dass der direkte Austausch im persönlichen Gespräch oftmals die größten Erfolge hat. Möglicherweise sind auch One -to- One Videogespräche aktuell die richtige Wahl, um diesen Punkt im Team gut voran zu bringen.
- Hilfe zur Selbsthilfe, Qualifikation und Ressourcen
Hilfe zur Selbsthilfe meint die Förderung und Unterstützung der Selbstorganisation aller beteiligten Personen im Veränderungsprozess. Entscheidend ist, die Betroffenen zu Beteiligten zu machen, um so Energien und Motivation für den Veränderungsprozess zu wecken. Wichtig ist neben der Ressourcenbereitstellung (z.B. personelle Ressourcen, Zeit, Budget etc.) die Unterstützung der Beteiligten insbesondere in den Bereichen Ausbildung und Qualifizierung. Darüber hinaus kann eine Förderung auch in Form von Beratung, Feedback, Moderation etc. einen wichtigen Beitrag leisten.
- Schnelle Erfolge und Motivation
Leicht zu realisierende Maßnahmen sollten am Anfang eines Veränderungsvorhabens stehen, um so möglichst schnell erste Erfolge sichtbar zu machen. Die Betroffenen nehmen dadurch wahr, tatsächlich etwas bewegen zu können, und werden so in ihrem Engagement und in ihrer Initiative bestätigt. Letztlich sorgen die herbeigeführten „Quick Wins“ insgesamt für eine positive Stimmung und setzen so neue Motivation und Energien frei. Wichtig im Rahmen schneller Erfolgsvermittlung ist darüber hinaus die kontinuierliche Wertschätzung und Honorierung erbrachter Leistungen. Auch hier liegt ein entscheidender Motivationsfaktor im Veränderungsprozess, der sich ggf. nun durch die Corona Zeiten anschließt.
- Flexibilität im Prozess
Entscheidend ist, ein gewisses Maß an Flexibilität auch während des Prozesses zu bewahren und Alternativen zu ermöglichen. So kann sich beispielsweise im Laufe des Veränderungsprozesses herausstellen, dass zusätzliche Qualifizierungen bzw. weitere Maßnahmen zur Unterstützung notwendig werden. Ebenso können sich aus Unternehmens- oder Kundenperspektive im Laufe des Prozesses neue Anforderungen ergeben, auf die entsprechend schnell flexibel reagiert werden muss. Diese und ähnliche Gegebenheiten zeigen sich in der Unternehmenspraxis an unzähligen Beispielen und machen deutlich, dass ein gewisses Maß an Flexibilität insbesondere in der operativen Feinplanung immer einkalkuliert werden sollte. Führen sie Agil und begegnen der Situation möglichst flexibel.
- Verankerung der Veränderung
Um den Erfolg der Veränderung zu sichern, ist es notwendig, die neuen Ansätze, Verfahrens- und Verhaltensweisen detailliert zu verankern. Das Festigen kann dabei beispielsweise formal in Form von niedergeschriebenen Rollen, Aufgaben, Abläufen oder einer neu definierten Vision erfolgen. Entscheidend ist dabei eine überzeugte Führung, die Wert darauflegt, die Veränderungen nachhaltig zu stabilisieren. Allerdings sollte auch das zukünftige Weitertragen der Veränderung durch die folgende Führungsgeneration gesichert werden, um so die angeleiteten beziehungsweise umgesetzten Veränderungen zu konsolidieren.