Digital-Leadership in Zeiten von Corona

Grundlegendes
In den letzten Jahren hat sich Achtsamkeit zu einem konzeptionellen Fokus innerhalb der Gesundheits- und Arbeitswissenschaften entwickelt; über hundert Studien belegen die gesundheitlichen Effekte von achtsamkeitsbasierten Interventionen. In klinischen und nichtklinischen Anwendungen haben sich achtsamkeitsbasierte Verfahren etabliert, zum Beispiel in der Stressprävention, Organisationsentwicklung, Suchtbehandlung oder Partnerschaftsberatung.
Gerade in Zeiten der Corona Krise kann Achtsamkeit im Arbeitskontext Führungskräften helfen, ihre Aufgaben erfolgreicher und gleichzeitig entspannter zu bewältigen. Diese Haltung hilft besonders im Umgang mit mobil arbeitenden Teams und Beschäftigten, da die Zeit von Begegnung und Kommunikation nun teilweise oder vollständig in den digitalen Raum verlagert wird.
Achtsamkeit – Relevanz für Führungskräfte
Achtsamkeit („mindfulness“) beschreibt die Haltung, ganz „da zu sein“, eine Situation wahrzunehmen, ohne sich vorschnell und unreflektiert zu bewertenden Interpretationen und damit auch Reaktionen hinreißen zu lassen (Dunning 2005). Eine achtsame Haltung impliziert, präsent, präzise und unvoreingenommen zu beobachten „was da ist“ und dies als solches anzunehmen. Achtsamkeit geht einher mit Vorurteilskontrolle, wodurch eine weniger subjektiv eingefärbte Sichtweise ermöglicht und gleichzeitig verhindert wird, dass die Wahrnehmung spontan und unbewusst der Selbstkritik oder Selbstüberschätzung zum Opfer fällt.
Interaktion und Achtsamkeit
Eine zentrale Aufgabe von Führungskräften besteht darin, mit Mitarbeitern und Kooperationspartnern zu interagieren und zu kommunizieren. Dies geschieht üblicherweise im Rahmen formeller Team-Besprechungen oder informeller Kontakte, bei Telefonaten oder beim Austausch über elektronische Medien (E-Mail, Video-Konferenz). Durch die Corona Einschränkungen und die teilweise Verlagerung der Kommunikation in den digitalen Raum ist dieser Punkt besonders wichtig. Positivfaktoren des Interaktions- und Kommunikationsverhaltens von Führungskräften sind Glaubwürdigkeit und Authentizität.
Aktuelle arbeitspsychologische Studien zufolge ist die wichtigste Bedingung für die Arbeitsmotivation von Mitarbeitern, dass Führung ein ehrliches Interesse am Wohlergehen der Belegschaft zeigen. Mitarbeiter sind vor allem dann unmotiviert und unzufrieden, wenn Führungskräfte nicht veritabel mit ihnen kommunizieren oder sich in einer Weise präsentieren, die ein sehr eingeschränktes und rein formal orientiertes Interaktionsverhalten erkennen lässt.
Für eine erfolgreiche Interaktion ist es daher essenziell ist, anderen zuhören zu können (Hackman und Johnson 2004). Dazu müssen Führungskräfte in der Lage sein, zumindest zeitweilig das eigene Ich bzw. persönliche Interessen in den Hintergrund zu stellen und sensibel und authentisch auf Belange von Mitarbeitern und Kooperationspartnern zu reagieren.
Entscheidungen und Achtsamkeit
Richtige Entscheidungen zu treffen, ist ebenfalls eine zentrale Führungsaufgabe. Im Zuge der aktuellen Coronakrise entstehen Führungsentscheidungen oft unter starken Zeitdruck und sind starker Kritik ausgesetzt.
Es gibt viele Theorien zur Entscheidungsfindung bzw. der Analyse von Fehlentscheidungen. Neben Erklärungen wie „gelernter Sorglosigkeit“ oder „Gruppendruck“ („groupthinking“) (Esser 1998) hat Taleb (Taleb 2009) mit dem Denkstil linearer Extrapolationen eine weitere Erklärung angeboten. Ursache vieler Krisen und Fehlentscheidungen ist seiner Meinung nach ein Szenario, das er mit Hilfe des Begriffs „Schwarze Schwäne“ zu erklären versucht. „Schwarze Schwäne“ stehen dabei als Metapher für unvorhergesehene Ereignisse mit gleichwohl weitreichenden Auswirkungen, auf die mit Strategien zur Bewältigung bekannter Probleme nicht adäquat reagiert werden kann.
Sie denken, „auf Situation A ist bisher immer Situation B gefolgt, wenn ich mich für Strategie C entschieden habe, also wird auf meine Entscheidung auch jetzt wiederum B eintreten“. Eine Projektion vergangener Situationen und Problemlösungen in die Zukunft ist sicherlich in vielen Fällen nützlich, angebracht und erfolgreich. Sie kann gelegentlich aber auch den Blick auf „schwarze Schwäne“ versperren, wenn es Führungskräfte an „Achtsamkeit“ fehlt und dadurch nicht in der Lage sind, Situationen und Probleme in neuem Licht zu sehen und mit angemessenen Entscheidungen zu reagieren.
Zwei Einstiegsübungen für einen achtsameren Berufsalltag für Führungskräfte
- Achtsamer Arbeitsweg
- Entdecken Sie das Besondere auf Ihren routinierten Wegen.
- Dauer: täglich 2 x 3 Minuten
- Achtsame Kommunikation
- Entwickeln Sie Ihre Empathie im Gespräch.
- Dauer: täglich 5 Minuten in einem Gespräch
Übung 1: Achtsamer Arbeitsweg
Nutzen Sie Ihre gewohnten Wege zur Arbeit für eine Achtsamkeitsübung. Machen Sie sich bewusst achtsam auf den Weg und nutzen Sie jeden Tag einen anderen Sinneskanal, dem Sie achtsam folgen. Konzentrieren Sie sich dazu für ca. 3min Ihres Weges auf eine der folgenden Fragen:
- Was kann ich auf meinem Weg sehen, was mir vorher noch nie aufgefallen ist?
- Was für Geräusche kann ich auf meinem Weg hören?
- Welche Gerüche fallen mir auf meinem Weg auf?
- Wie fühlt sich das Laufen an? Was kann ich mit meinen Füßen spüren?
- Was schmecke ich auf meinem Arbeitsweg, auch wenn ich dabei nichts esse oder trinke?
Das Ziel dabei ist, möglichst nur schöne und erfreuliche Dinge wahrzunehmen. Das kann das Wetter sein, ein freundlicher Mensch, die gute Luft, Bewegung, Vogelgezwitscher, schöne Blumen, Knospen an Bäumen oder Büschen, Tiere, jemand der lächelt, ...
Beobachte einfach was Dir auffällt, wenn Du mit dieser Absicht unterwegs bist. Wie verändert sich Deine Stimmung?
Wenn Du etwas gefunden hast, dann genieße das Gefühl und die Freude, die dadurch vielleicht entsteht. Wie fühlt sich das an?
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Achtsame Kommunikation
In der nächsten Übung sollen Sie sich auf eine gewisse Achtsamkeit in der Kommunikation mit Anderen konzentrieren. Hören Sie dazu Ihren Freunden oder Kollegen achtsam zu. Egal ob die Kommunikationssituation im digitalen oder nicht digitalen Bereich liegt, ist das wichtigste hierbei zunächst sich selbst und seine eigenen Anliegen hintenanzustellen.
Versuchen Sie vielmehr wahr zu nehmen ob Ratschläge erwünscht sind, oder ob Ihr Gegenüber einfach einen mitfühlenden Zuhörer benötigt oder eine bestätigende Rückmeldung ausreicht. Gerade in unsicheren Zeiten die ggf. bei Beschäftigten von erheblichen Veränderungen der Arbeitssituation geprägt sind, ist das eine gewinnbringende Haltung „achtsamen Führens“.
Machen Sie sich vor dem Gespräch Ihre konzentrierte, nicht bewertende (annehmende) Haltung bewusst, Atmen Sie tief ein und aus und schenken Sie sich und Ihrem Gesprächspartner ein leichtes Lächeln.
- Versuchen Sie zunächst nicht in jedes Gespräch auf diese Art und Weise zu gehen. Fangen Sie mit einem Gespräch über den Tag mit einem Familienmitglied, einer Freundin oder einem Freund an.
- Steigern sie sich indem Sie das achtsame Zuhören in einer Arbeitssituation mit einer guten Kollegin, einem guten Kollegen probieren.
- Die schwierigste Form liegt in einem Gespräch über ein unangenehmes oder belastendes Thema oder mit Personen, die einem unangenehm sind oder einen belasten.
Empfehlung: Gedanken zum Thema „Achtsame Kommunikation“
Unter den Folgenden Links finden sie einige Ideen zum Thema „Achtsame Kommunikation“.
Eine Achtsame Kommunikation mit unserem Umfeld, hilft dabei Dinge schneller zu verstehen, vermittelt das Gefühl von Wertschätzung und steigert unsere Fähigkeit im Hier und jetzt“ Entscheidungen zu treffen.
Video Empfehlung und TED Talks zum Thema Achtsamkeit
Weitere Inhalte auf Ted.com zum Thema Achtsamkeit
https://www.ted.com/search?q=mindfulness
https://www.youtube.com/watch?time_continue=40&v=WhcvAXG-lcU&feature=emb_logo
Video Link Achtsamkeit und Genuss
Geschmackswerkstatt: https://www.youtube.com/watch?v=7TL0LbuA3aE
„Wir mögen die Welt durchreisen, um das Schöne zu finden, aber wir müssen es in uns tragen, sonst finden wir es nicht.“
Ralph Waldo Emerson