Psychische Belastungen: Überhaupt messbar?

Psychische Belastungen sind ein allgegenwärtiges Phänomen in der modernen Gesellschaft und können erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Die Frage, ob und wie diese Belastungen messbar sind, ist von großer Bedeutung, insbesondere im Bereich der Arbeitspsychologie. Verschiedene Studien und Methoden bieten Einblicke in die Messbarkeit und Bewertung psychischer Belastungen.
Methoden zur Messung psychischer Belastungen
Eine der vielversprechendsten Methoden zur Messung von Stress ist die Kombination von Elektroenzephalographie (EEG) und funktioneller Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS). Diese Methode ermöglicht eine objektive Bewertung von Stress, indem sie Veränderungen im Gehirn und im Sauerstoffgehalt des Blutes misst. Studien zeigen, dass diese Kombination die Genauigkeit der Stressklassifizierung im Vergleich zu einzelnen Methoden erheblich verbessert (Al-Shargie et al., 2016).
Diese Verfahren sind im Alltag des BGMs nicht anwendbar. Von Testpsychologen empirisch entwickelte Fragebögen zur Selbst- und Fremdwahrnehmung können jedoch gute Einblicke in den erlebten Stress von Personen eröffnen.
Ein weiteres etabliertes Instrument zur Messung wahrgenommenen Stresses ist somit zum Beispiel die Perceived Stress Scale (PSS-10), die in einer deutschen Version vorliegt. Diese Skala hat sich als zuverlässig und valide erwiesen und bietet differenzierte Normwerte für verschiedene Bevölkerungsgruppen (Schneider et al., 2020; Klein et al., 2016).
Psychologische und physiologische Indikatoren
Psychologische Stressindikatoren umfassen subjektive Bewertungen wie Selbstberichte über Stressniveaus und psychometrische Tests, die Angst, Depression oder Bewältigungsmechanismen messen (Shah et al., 2024). Physiologische Indikatoren umfassen Herzfrequenzvariabilität, Blutdruck und Immunreaktionen, die alle mit Stress in Verbindung stehen (Giannakakis et al., 2019; Shah et al., 2024).
Herausforderungen und Perspektiven
Die Messung von Stress ist komplex, da Stress sowohl subjektive als auch objektive Komponenten hat. Einige Forscher*innen argumentieren, dass Stress am besten als subjektives Phänomen gemessen wird, das sich in alltäglichen Ärgernissen und nicht in großen Katastrophen manifestiert (Lazarus, 1990; Cox, 1985). Die Integration verschiedener Messmethoden, einschließlich psychologischer und physiologischer Ansätze, ist entscheidend, um ein umfassendes Bild von Stress und seinen Auswirkungen zu erhalten (Frisone et al., 2021).
Fazit
Die Messung psychischer Belastungen ist möglich und notwendig, um deren Auswirkungen auf die Gesundheit zu verstehen und zu bewältigen. Durch die Kombination verschiedener Methoden und die Berücksichtigung individueller Unterschiede können wir ein besseres Verständnis für die Mechanismen von Stress entwickeln und effektive Interventionsstrategien entwickeln.
References
Al-Shargie, F., Kiguchi, M., Badruddin, N., Dass, S., Hani, A., & Tang, T. (2016). Mental stress assessment using simultaneous measurement of EEG and fNIRS.. Biomedical optics express, 7 10, 3882-3898. https://doi.org/10.1364/BOE.7.003882
Schneider, E., Schönfelder, S., Domke-Wolf, M., & Wessa, M. (2020). Measuring stress in clinical and nonclinical subjects using a German adaptation of the Perceived Stress Scale. International Journal of Clinical and Health Psychology : IJCHP, 20, 173 - 181. https://doi.org/10.1016/j.ijchp.2020.03.004
Lazarus, R. (1990). Theory-Based Stress Measurement. Psychological Inquiry, 1, 3-13. https://doi.org/10.1207/S15327965PLI0101_1
Giannakakis, G., Grigoriadis, D., Giannakaki, K., Simantiraki, O., Roniotis, A., & Tsiknakis, M. (2019). Review on Psychological Stress Detection Using Biosignals. IEEE Transactions on Affective Computing, 13, 440-460. https://doi.org/10.1109/TAFFC.2019.2927337
Klein, E., Brähler, E., Dreier, M., Reinecke, L., Müller, K., Schmutzer, G., Wölfling, K., & Beutel, M. (2016). The German version of the Perceived Stress Scale – psychometric characteristics in a representative German community sample. BMC Psychiatry, 16. https://doi.org/10.1186/s12888-016-0875-9
Cox, T. (1985). The nature and measurement of stress.. Ergonomics, 28 8, 1155-63. https://doi.org/10.1080/00140138508963238
Shah, K., Kumari, R., & Jain, M. (2024). Unveiling stress markers: A systematic review investigating psychological stress biomarkers.. Developmental psychobiology, 66 5, e22490. https://doi.org/10.1002/dev.22490
Frisone, F., Sicari, F., Settineri, S., & Merlo, E. (2021). Clinical Psychological Assessment of Stress: A Narrative Review of the Last 5 Years. Clinical Neuropsychiatry, 18, 91 - 100. https://doi.org/10.36131/cnfioritieditore20210203